Gastreferat von Michael Wrase

Patrick Frei / Als Korrespondent für viele renommierte Tageszeitungen kennt sich Michael Wrase wie kaum ein Zweiter aus. Am Donnerstag, 27. August war er zu Gast in Suhr und zeichnete ein düsteres Bild im Nahen und Mittleren Osten.

In einem gut besuchten Mona-Lisa-Saal des Vinci-Schulhauses erläuterte Michael Wrase, der seit 40 Jahren die politische Lage im Nahen und Mittleren Osten kennt, die derzeitigen Spannungen. Vor dem Hintergrund des schwindenden Interesses der Grossmächte, der Corona-Krise und der verheerenden Explosion im Beiruter Hafen zeichnete er ein düsteres Bild der Gegenwart und der nahen Zukunft in Gesellschaft und Politik: «In fast allen Staaten der Region haben Autokraten, religiöse Sektierer oder korrupte Machtbarone dafür gesorgt, dass die zarten Pflänzchen der Zivilgesellschaft zertreten worden sind.“ Seine Erläuterungen gingen zurück in die 80er Jahre, als Saddam Hussein – damals noch gestützt von den USA – als despotischer Volksheld gegen den Iran vorging und Michael Wrase als 23-jähriger Student die militärischen Erfolge des Irak hätte bezeugen sollen. Es waren denn auch die persönlichen Eindrücke seines Berufslebens und die damit verbundenen dramatischen Erlebnisse in den Kriegsgebieten, die das Publikum nebst der politischen Analyse fesselten.

Meldungen über eine korrupte libanesische Regierung, über 140‘000 Kriegstote im Jemen, die unter fünf Jahre alt sind, Nachrichten über eine eigennützige US-Aussenpolitik oder die zunehmende Islamisierung der Regionalmächte nehmen wir mittlerweile mit erfolgreichen Verdrängungsmechanismen auf. Michael Wrase schaffte es, die Szenerie mit ihren komplexen Zusammenhängen lebendig, aufwühlend und authentisch zu präsentieren. Zum Schluss blieben einerseits die Faszination für so viel Wissen und andererseits die Betroffenheit für das Leid im Nahen und Mittleren Osten. Die Kulturkommission dankt Michael Wrase für seinen Besuch in Suhr.